Nach wie vor stellt die Fusion des entsprechenden Segmentes bei verschiedenen Pathologien wie z.B. der isthmischen Spondylolisthese den Goldstandard dar. Eine der Hauptängste des des Wirbelsäulenchirurgen liegt jedoch in der Gefahr der beschleunigten Degeneration vor allem kranial angrenzenden Segmentes. Die semirigide Fixation zum Schutz vor einer Anschlusspathologie nach Fusionsoperation an der Wirbelsäule stellt eine geeignete Maßnahme dagegen dar.
Das benachbarte kraniale Segment übernimmt die Funktion des versteiften Anteiles der Wirbelsäule, was zu einer Überlastung führt. Diese Gefahr erhöht sich, wenn schon bei der präoperativen Planung über dem zu fusionierenden Segment fortgeschrittene Pathologien zu erkennen sind. Gerade bei der isthmischen Spondylolisthese kann es im Krankheitsverlauf im Segment über der Spondylolisthese zu einer Retrolisthese mit Diskopathie und entsprechenden Segmentpathologien mit den zu erwartenden Problemen kommen.

Adjacent Syndrome; li Anteflexion; re Retroflexion
Um dieser Nachbarschaftsproblematik (Synonyme: Adjacent-Syndrome, Topping off, Postfusionssyndrom) von chirurgischer Seite vorzubeugen, gibt es verschiedene Operationsimplantate zur Auswahl. Diese versuchen z.B. durch Seile, Bänder oder verschiedene Federkonstruktionen das der Fusion angrenzende Segment zu schützen. Alle diese Methoden versagen aber, wenn bei der Fusion nicht versucht wird ein dem Patienten entsprechendes physiologisches Alignment der Wirbelsäule zu erreichen (z.B. das entsprechende Maß an Lordose in der LWS). Der vorliegende Artikel beschreibt die ersten Erfahrungen der Autoren mit dem „Scient’x Isobar TTL®“- Instrumentarium.

Fusion L3-L5; semirigid L2-3
Am Department für Erkrankungen der Wirbelsäule und Wirbelsäulenchirurgie, Fußchirurgie am LKH Stolzalpe wird seit 2003 das „Scient’x-Isobar TTL®“-Stabinstrumentarium verwendet. Dieses Instrumentarium besteht aus Polyaxialschrauben und einem Stab, der an einem Ende ein Federelement eingebaut hat. Es können nun Fusionen über den Stab und die Schrauben von dorsal durchgeführt werden. Im darüber liegenden Segment oder auch bei Ausnahmen im darunterliegen den kann nun über ein weiteres Pedikelschraubenpaar ein Federelement eingebracht werden, welches eine Bewegung von 4° in der Flexion/ Extension und 0,8mm bei der Kompression/Traktion zulässt.
Ergebnisse

Z. n. 2 Voroperationen (L3-S1), zuletzt 2004 Fusion L 2–S 1; semirigid L 1–L 2
Zwischen 2003 und 2005 wurden 42 Patienten (27 Frauen, 15 Männer, zwischen 32 und 79 Jahre alt) am LKH Stolzalpe mit diesem System operiert. Es wurden insgesamt 68 Segmente fusioniert und zusätzlich 43 semirigid versorgt. 19-mal wurde 1 Segment fusioniert, 16-mal 2 Segmente, 5-mal 3 Segmente, 2-mal 4 Segmente. 41 Patienten erhielten im darüber liegenden Segment eine semirigide Fixation, einer dieser Patienten auch 2 Segmente unter dem fusionierten. 1 Patient erhielt eine kaudale semirigide Fixation nach Aufrichtung einer Bechterew-Kyphose, um die Restbeweglichkeit der LWS zu schützen. Die BWS war vollkommen eingesteift.
- 1 Wundheilungsstörung, die operativ revidiert wurde und folgenlos ausheilte, 1 ausgeprägtes postoperatives Hämatom, welches zu einer passageren Conus-Cauda-Symptomatik geführt hat.
- Eine Nachuntersuchung der operierten Patienten (39 von 42.) fand im Jänner 2006 statt. Das Durchschnitts-Follow-up betrug 65 Wochen (16–135 Wochen). Der ODI (Oswestry Disability Index) verbesserte sich von durchschnittlich 28 auf 16, die VAS von 8,4 auf 4,6.
- Die radiologische Untersuchung mit Funktionsaufnahmen zeigte eine durchschnittliche Beweglichkeit der semirigid fixierten Segmente von 2°. Die direkt über den semirigid versorgten Segmenten liegenden Segmente hatten ein durchschnittliches Bewegungsausmaß von 8°.
- Prinzipiell ist das vorgestellte Instrumen tarium ein für den mit polyaxialen Pedikelschrauben arbeitenden Wirbelsäulenchirurgen relativ einfach zu handhaben. Wichtig ist beim Setzen der Schrauben auf genügend Abstand für das Federelement zu achten, da man sonst in diesem Segment eine Überdistraktion bis hin zur Kyphosierung desselben als Komplikation zu beklagen hat. Es ist daher zwischen L5 und S1 schwierig einzubauen oder eventuell auch unmöglich, dahier für das Federelement zu groß ist – hier wird dies zwar seltener verwendet werden, aber auch bei klein gewachsenen Menschen oder engen Pedikelabständen kann es in anderen Höhen zu einem großen Problem werden. Der Stab selbst kann an seinem langen Anteil mittels Biegezange gebogen und entsprechend dem Wirbelsäulenalignment bearbeitet und angepasst werden. Die Nachuntersuchungsergebnisse sind noch relativ kurz, es musste aber bis dato kein Patient implantatbezogen oder aufgrund eines semirigid fixierten Segmentes nachoperiert werden. Auf den Funktionsaufnahmen kann eine Beweglichkeit im semirigidfixierten Segment von durchschnittlich 2° gemessen werden. Ob diese Restbeweglichkeit und das Verhindern einer kompensatorischen Hypermobilität auf Dauer ausreichen wird, um auch langfristig gute Ergebnisse zu erzielen, werden die Langzeitergebnisse erst zeigen müssen.
Für jeden Wirbelsäulenchirurgen, der sich mit Fusionsoperationen beschäftigt, ist die Nachbarschaftspathologie bei Fusionsoperationen ein erhebliches Problem. Verschiedene Produkte haben versucht und versuchen, diese Probleme zu minimieren. Das „Scient’x Isobar TTL®“-Instrumentarium als eines davon stellt zwar noch nicht den Stein der Weisen dar, erscheint aber zum heutigen Zeitpunkt ein vernünftiger und verfolgungswürdiger Ansatz zu sein. Aus der Sicht der Autoren mit deren bisherigen Erfahrungen steht damit derzeit ein den Umständen entsprechend gut funktionierendes Instrumentarium zur Verfügung.