Skoliose – Langzeiterfolge der op. Behandlung

Von Gerd M. Ivanic, S. Ziegler, B. Harter, M. Lojpur, F. Hofmann, T. P. Pink

Bei der Skoliose handelt es sich um eine seitliche Verbiegung der Wirbelsäule mit Rotation. Je früher eine derartige Erkrankung im Kleinkindes- und Kindesalter auftritt, desto größer ist die Gefahr der Progression, weshalb eine möglichst frühe und effiziente Behandlung von großer Bedeutung für das weitere Leben des Erkrankten ist.

Klinik

Leichte Skoliosen sind mit freiem Auge beim stehenden Patienten nur sehr schwer zu erkennen. Mit Fortschreiten der Verbiegung und insbesondere einer zunehmenden Rotation kann vor allem bei der Ansicht von hinten die Skoliose zunehmend leicht erkannt werden. Am besten wird eine Skoliose in Vornüberbeugung erkannt, da je nach Manifestation der Skoliose sich ein Rippenbuckel oder Lendenwulst bzw. beides gemeinsam ausbildet.

Foto Rippenbuckel rechts leichter Lendenwulst links beim Vorbeugen

Rippenbuckel rechts, leichter Lendenwulst links beim Vorbeugen

Bei den Adoleszenten kann sich eine von vorn erkennbare Asymmetrie des Brustkorbes bzw. bei den Mädchen ein asymmetrisches Wachsen der Brüste zeigen. Durch diese seitliche Verbiegung der Wirbelsäule kommt es auch zu einem asymmetrischen Wachstum des restlichen Körpers. Dies wiederum führt zu einer ungleichen Ausbildung des Brustkorbes, sodass bereits ab 30 Grad Skoliosewinkel nach Cobb eine Beeinträchtigung der Lungenfunktion möglich ist. Dies kann bei über 80-gradigen Skoliosen nach Cobb zu einer Beeinträchtigung von schon 50 Prozent der Lungenfunktion führen. 

Therapie

Grob gesagt, empfiehlt sich bei einem noch zu erwartendem Körperwachstum die Korsettversorgung ab einem Cobbwinkel von ca. 20 Grad bzw. auch schon früher bei einer hohen Progredienzwahrscheinlichkeit. Bei der idiopathischen adoleszenten Kyphose spricht man von einer Operationsnotwendigkeit ab ca. 50 Grad Skoliose an der BWS und 40 Grad an der LWS. Es stehen hier heute verschiedenste Operationsmöglichkeiten von ventral, dorsal oder kombiniert ventrodorsal zur Verfügung. Das Ausmaß der Skoliose und ihre Lokalisation sind hier mitbestimmend für den Zugangsweg. Es stehen auch verschiedene Implantate zur Verfügung, die Skoliose zu korrigieren. Das Wichtigste bei der Operation ist aber nicht eine bestmögliche Korrektur auf Null Grad, sondern dass vielmehr die Wirbelsäule in das Lot gebracht wird und in dieser Position auch verbleibt.

Die ersten instrumentierten Skolioseoperationen wurden in den späten 50er-Jahren durch Harrington durchgeführt. Er verwendete ein dorsal eingebrachtes Stabinstrumentarium, mit dem durch Distraktion und Kompression versucht wurde, die Wirbelsäule zu korrigieren bzw. in weiterer Folge zu stabilisieren. Ein großer Nachteil der Operationstechnik war die lange postoperative Behandlungsdauer mit langen Liegezeiten bzw. Gips- und Korsetttragedauern von bis zu einem Jahr (heute steht vor allem die segmentale Korrektur auf Basis der Derotation zur Verfügung, wobei moderne Implantate eine hohe Primärstabilität und dadurch eine sofortige postoperative Mobilisierung ohne äußere Stabilisierungshilfen der Patienten ermöglichen). Am Allgemeinen und Orthopädi-schen Landeskrankenhaus Stolzalpe wurden mitunter die ersten Skolioseoperationen in Österreich bereits in der zweiten Hälfte der 60er-Jahre durchgeführt.

Material und Methode

Röntgen 68 Grad Cobb präoperativ mit 15 Jahren

68 Grad Cobb präoperativ mit 15 Jahren

In den 50er-Jahren begann Harrington mit seiner Methode der dorsalen Skoliose Operationen, die 1962 zur Publikation „Treatment of scoliosis correction and internal fixation by spine instrumentation“ im American JBJS führte. Am Allgemeinen und Orthopädischen LKH Stolzalpe wurde Mitte der 1960er-Jahre mit dieser Methode begonnen, Skoliosen zu operieren, wobei zwischen 1968 und 1992 256 Operationen durchgeführt wurden. Bei den ersten 39 Patienten (die Untersuchung ist noch nicht abgeschlossen) wurden folgende Daten erhoben:

  • Die durchschnittliche Nachuntersuchungszeit betrug 20,5 Jahre. Die Patienten waren zum Zeitpunkt der Operation durchschnittlich 15,2 Jahre alt und es wurden sechs bis zwölf Wirbelsäulen-Segmente (Ø 10,6 Segmente) in 88 bis 290 Minuten Operationszeit (Ø 171 Minuten) fusioniert.
  • Der präoperative Cobb Winkel lag bei durchschnittlich 53,6 Grad und konnte auf 23,1 Grad reduziert werden. Nach einem Jahr post OP kam es zu einem Korrekturverlust von 19,6 Prozent (29,1 Grad) und zur Nachuntersuchung von 43,3 Prozent (36,3 Grad nach Cobb).
  • Am interessantesten waren aber die klinisch subjektiven und objektiven Resultate. Keiner der Patienten klagte über Schmerzen im täglichen Leben. Selbst unter Anstrengung wurden nur durchschnittlich 1,1 Punkte (null bis vier Punkte) auf der VAS (Visuellen Analogen Schmerzskala; zehn stellt den stärksten vorstellbaren Schmerz dar) angegeben. Der Oswestry Disability Index zeigte neun Prozent, wobei vor allem langes Sitzen noch am ehesten als problematisch auffiel.

Schlussfolgerung

Röntgen 30 Grad Cobb drei Jahre postoperativ (links) 31 Grad Cobb 21 Jahre postoperativ (rechts)

30 Grad Cobb drei Jahre postoperativ (links), 31 Grad Cobb 21 Jahre postoperativ (rechts)

Wie man nach dieser über 20-jährigen Nachuntersuchungsdauer sieht, sind die Ergebnisse nach die-sen großen Operationen als sehr positiv und vielversprechend zu bewerten. Neuere Operationsmethoden und Implantate sind für die Patienten heute zwar wesentlich angenehmer in der postoperativen Phase, werden aber in Zukunft erst beweisen müssen, dass sie gleich gute Ergebnisse erbringen können. Prinzipiell ist dies bei vielen der neuen Operationsmethoden zu er-warten. Man darf deswegen aber nicht sagen, dass Althergebrachtes nicht gut sei oder nur schlechte Ergebnisse erzielt wurden. Vielmehr kann man den meist jugendlichen Patienten und deren Familie mit diesen Ergebnissen vorsichtig Hoffnung machen.

 

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    Kategorie Wirbelsäule