Bei der Spondylitis / Spondylodiscitis handelt es sich um eine sehr schwerwiegende Erkrankung, welche einer schnellstmöglichen und in den meisten Fällen auch lange andauernden Behandlung bedarf.
Die Spondylitis stellt die häufigste Form dar – dabei handelt es sich um eine Infektion des Wirbelkörpers, die durch eine hämatogene Streuung entsteht. Im Verlauf der Erkrankung kann es zur Infektion der benachbarten Bandscheibe und des daran grenzenden Wirbelkörpers kommen. Bei der Spondylodiscitis handelt es sich primär um die Infektion der Bandscheibe – erst danach kommt es zur Infektion der benachbarten Wirbelkörper. Da die Bandscheibe außer im Säuglingsalter keine Durchblutung hat, sind meistens äußere Einwirkungen wie z.B. Bandscheibenoperation, Discografie, Ozontherapie oder Ähnliches – im Sinne einer iatrogenen Infektion – als Ursache zu finden.
Klinik
Das Problem in der Diagnosestellung der Spondylitis ist die sehr uneinheitliche und unklare Klinik. Bei persistierenden Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule sollte daher vor allem daran gedacht werden, dass es sich dabei um eine Spondylitis handeln könnte. Damit sind sowohl das oft Monate dauernde Intervall bis zur Diagnosestellung verkürzt als auch Folgeschäden vermeidbar. In den meisten Fällen kommt es zu Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule – wegweisend ist hierbei ein Klopf- und Rüttelschmerz über dem betroffenen Segment. Die Beschwerden können in die Flanken – und hier vor allem in die Nierenlogen – ausstrahlen. Die Entzündungsparameter sind in vielen Fällen nur grenzwertig oder gar nicht erhöht.

MRT bei Spondylitis Th 6/7
Im weiteren Verlauf kann es zu zunehmenden, stärkeren Schmerzen kommen. Diese korrelieren oft mit einem zunehmenden statischen Problem durch die Destruktion der Wirbelkörper (der fortlaufende Entzündungsprozess kann zu pathologischen Wirbelkörperfrakturen führen). Hier wiederum kann es zu neurologischen Störungen (bis hin zum Querschnitt) durch die Kompression neurogener Strukturen durch den Knochen oder aber auch durch Abszessbildungen kommen. In weiterer Folge ist auch eine hämatogene Streuung mit Psoasabszessen bis hin zu septischen Endokarditiden, Pneumonien, Pleuraempyemen und dergleichen möglich. Im Verlauf kommt es zu einer zunehmenden Verschlechterung des Allgemeinzustandes bis hin zu hochseptischen Zustandsbildern.
Ursache
Bei der Spondylodiscitis ist dies – wie erwähnt – eine iatrogene Infektion. Einer Spondylitis können verschiedene Ursachen wie infizierte Zähne, Pneumonien, Endokarditiden, Infekte an anderen Körperteilen etc. zugrunde liegen – eine Spondylitis kann auch erst Monate nach einem abgelaufenen Infekt auftreten. Aufgrund der Reisetätigkeit und des Zuzuges von Menschen aus Krankheitsgebieten darf auch die Tbc als Verursacher einer so genannten spezifischen Spondylitis nicht unterschätzt werden.
Labor
Meistens sind Entzündungsparameter wie Leukozyten oder CRP nur grenzwertig erhöht. Des Weiteren korrelieren diese Werte – vor allem auch im Verlauf der Erkrankung – nicht immer mit deren Ausmaß bzw. Verlauf. Es ist daher immer wichtig, die Erkrankung in der Zusammenschau aller Befunde zu betrachten. Oft können die Entzündungsparameter unter einer Antibiotikatherapie sinken, ohne dass es bei der Erkrankung wirklich zu einer Heilung derselben kommt. Bei einer Abszedierung kann sich der Allgemeinzustand zunehmend verschlechtern, wobei die Entzündungsparameter aber im Bereich der Norm bleiben können.

MRT einer typischen Spondylitis
Weiters kann bei längerem Verlauf der Erkrankung der Körper gar nicht mehr gegen diese Infektion ankämpfen. In diesen Fällen sind dann eher Begleitparameter wie z.B. ein erniedrigtes Natrium im Sinne eines chronischen Infektes wegweisend, da die Leukozyten erniedrigt und das CRP im Normbereich sein können. Hier liegt auch das Problem in der Abszedierung, welche ein Vordringen des Antibiotikums in den Herd nicht zulässt. Trotzdem können die Abszesse noch weiter Streuungsquellen darstellen, wodurch es zu septischen Metastasen im ganzen Körper (z.B. Coxitis) kommen kann.
Diagnose
In erster Linie muss daran gedacht werden. In zweiter Linie ist die MRT-Untersuchung die Methode der Wahl. Bei unklaren Lokalisationen kann primär eine Szintigraphie durchgeführt werden. Erst in weiterer Folge sind Röntgen und Tomografie zielführend.
Die MRT ist auch für die weitere Therapieplanung und Verlaufskontrolle eines der wichtigsten Hilfsmittel.
Therapie
Konservativ
In erster Linie ist ein konservatives Vorgehen angezeigt. Dieses sieht vor:
- Punktion (z.B. CT-gezielt) des Herdes und eventuell Anfertigung von Blutkulturen vor der ersten Antibiotikagabe
- Ruhigstellung mittels Gipsmieder oder Korsett (Orthese)
- Antibiotika nach Antibiogramm Spondylodiscitiden haben die größte Chance, konservativ gut ausbehandelt werden zu können, da auf Grund des Vorschadens (z.B. nach Operation) eine reparative Durchblutung des Bezirkes das Vordringen des Antibiotikums ermöglicht.
Operation
Für diese doch großen chirurgischen Eingriffe bedarf es genauer Richtlinien und Indikationsstellungen. Wichtig ist aber, diese – wenn notwendig – sofort durchzuführen, um keine Zeit zu verlieren und Folgeerkrankungen wie Querschnittsläsionen bzw. Sepsis zu vermeiden. Oft ist der betroffene Patient nach allgemeinen Richtlinien nicht operationstauglich. Dies sollte mit den Anästhesisten und Internisten genau erläutert werden, denn die einzige Chance, die der Patient bei infauster konservativer Therapie hat, ist die Operation. Sonst stirbt er auf jeden Fall. Daher stellt eigentlich nur ein unbeherrschbares Gerinnungsproblem eine Kontraindikation zur Operation dar.
Indikationen zur Operation sind:
- Keine Besserung unter der konservativen Therapie mit Ruhigstellung und Antibiotikagabe
- Eine pathologische bzw. eine sich verschlechternde Neurologie (Sensibilitäts- oder, noch schlimmer – motorische Störungen bis hin zu einer Querschnittsymptomatik, z.B. bei einer Neurokompression durch Knochen (Knochendestruktion durch eine pathologischen Fraktur) oder einem Abszess (mit der Gefahr einer Durchwanderungsmyelitis)
- Eine aus dem Lot kommende Wirbelsäule bis hin zu einer Gibbusbildung oder einer starken seitlichen Abweichung im Sinne einer spondylitischen Skoliose
- Abszessformationen
- Septisches Zustandsbild bzw. Verschlechterung des Allgemeinzustandes unter laufender Therapie
Was sind die Ziele einer Operation?
- Entfernung der Läsion, Reduzierung der kritischen Masse im Sinne des Entfernens von pathologischem Material
- Durchblutungsverbesserung im betroffenen Bezirk, welcher durch die Abkapselung keinen direkten Kontakt mehr zur Umwelt hatte, weshalb Antibiotika nicht wirken können
- Materialgewinnung für die Histologie und Bakteriologie
- Mechanische Stabilisierung zur ehestmöglichen Mobilisierung
Welche Vorteile bietet eine Operation?
- Die Gefahren der bettlägerigen Patienten – wie zB. Pneumonie – reduzieren sich durch die Mobilisation
- Der Allgemeinzustand verbessert sich
- Es besteht eine bessere Langzeitprognose – vor allem wenn das Wirbelsäulenlot wiederhergestellt bzw. in eine bessere Position gebracht werden kann. Daher weniger Wirbelsäulenprobleme zu einem späteren Zeitpunkt nach Überleben der Erkrankung
- Eine Erhaltung bzw. Steigerung der Lebensqualität
Welche operativen Möglichkeiten gibt es?
- Ventral
- Dorsal
- Ventrodorsal
Dies ist vor allem auf den Hauptmanifestationsort der Erkrankung zurückzuführen. Ist ein intraspinaler Abszess vorhanden, welcher auch neurogene Strukturen bedrängt, so ist primär eine Entlastungsdekompression notwendig. Über den gleichen Zugang könnte auch eine dorsale Stabilisierung erfolgen. In den meisten Fällen ist jedoch ein ventrales Vorgehen angezeigt – dies, um den spondylitischen Bezirk auszuräumen und um auch ventral eine Stabilisierung durchführen zu können. Damit kann auch das Wirbelsäulenalignement (vor allem die Endkyphosierung der Wirbelsäule) besser wiederhergestellt werden.
Wenn möglich, wird auch von vorne soweit stabilisiert, sodass ein zweiter Zugang von dorsal erst gar nicht notwendig wird bzw. dass bis zur (oft erst zu einem späteren Zeitpunkt möglichen) Durchführung desselbigen eine primäre Belastungsstabilität gegeben ist. Diese wiederum schafft die Voraussetzungen dafür, dass der Patient bereits mobilisiert werden kann, was für die Verbesserung des Allgemeinzustandes von enormer Wichtigkeit ist. Die weitere Behandlung sieht die Verwendung äußerer Stabilisierungshilfen wie Gipsmieder, Fixationskorsett oder Spinalorthese (z.B. Softec Dorso Spinalorthese, Fa. Bauerfeind) vor. Wichtig ist, dass Antibiotika für zumindest 6 – 9 Monate – bei einer spezifischen Spondylitis (Tbc) entsprechend länger – verabreicht werden! MRT-Kontrollen sind je nach Klinik – in der Regel in dreimonatigen Abständen – angezeigt.
Ergebnisse
In einer Nachuntersuchung am Allgemeinen und Orthopädischen LKH Stolzalpe an 96 Patienten, die zwischen 1990 und 1999 operiert wurden, zeigte sich, dass bei stationärer Übernahme die Patienten mit einer Spondylitis bereits 14,35 Wochen an starken Schmerzen litten, im Durchschnitt in 1,25 Krankenhäusern schon stationär waren, dass der durchschnittliche stationäre Aufenthalt schon über einen Monat betrug und 59 % der Patienten bereits eine Antibiose mit durchschnittlich zwei Präparaten erhalten hatten. Die Resultate zeigten nach durchschnittlich 8 Jahren eine Verbesserung in der VAS (Visuelle Analoge Schmerzskala) von 7,8 auf 3,3 und einen Korrekturverlust von 4°.
Conclusio
Es darf gesagt werden, dass es sich bei einer Spondylitis/-discitis um eine äußerst schwerwiegende Erkrankung handelt, die un- oder falsch behandelt zu schwersten Behinderungen oder auch zum Tod führen kann. Es sollte daher ehest möglich eine Therapie an oder in Absprache mit einer spezialisierten Institution erfolgen. Bei Nichtansprechen der konservativen Therapie bzw. vorliegenden Indikationen zur OP sollte nicht gezögert werden, dieselbe durchzuführen, um Funktion und Lebensqualität bzw. überhaupt Leben erhalten zu können.