Definition
Bei der Metatarsalgie handelt es sich um Schmerzen des Vorfußes – Mittelfußes, wobei vor allem Schmerzen im Bereich der Zehengrundgelenke unter den Metatarsaleköpfchen gemeint sind. Die Gründe sind mannigfaltig, weshalb der Wahl des entsprechend Therapiekonzeptes eine große Bedeutung zu kommt. In ausgewählten Fällen kann die Metatarsalgie mit einer dorsalen Luxation des Metatarsophalangeal-Gelenkes (MTP-Gelenk) einhergehen. Hier entsteht ein Ungleichgewicht zwischen der Flexor – und Extensormuskulatur, als auch der Musculi interossei und lumbricales. Zu bedenken sind hier aber auch die Aponeurosen und die Gelenkskapsel, die einerseits einen stabilisierenden Faktor darstellt, aber auch andererseits bei kontrakter Fehlstellung in der Behandlung unbedingt zu adressieren ist.

links: Mb. Köhler II am MFK 3, rechts: Schöne Remodellierung 2 Jahre nach Duvries´scher OP
Ursachen
Verschiedenste Ursachen, wie z.B. eine Praedisposition durch einen Hohl- oder Spreizfuß und ein Hallux valgus können genauso eine Metatarsalgie verursachen, wie z.B. eine Köpfchennekrose im Sinne eines Morbus Köhler II. Weitere Gründe können vor allem rheumatologische, als auch neurologische Erkrankungen oder Luxationen im Bereich der MTP-Gelenke darstellen. Eine nicht zu unterschätzende aber häufige Ursache stellt die iatrogene Problematik dar. Gerade durch einen operativ herbeigeführten Metatarsus primus elevatus kann es zu einer sogenannten Transfermetatarsalgie kommen. Auch andere Operationen im Bereich der Mittelfußknochen können eine Verstärkung dieser Beschwerden herbeiführen.
Klinik
Schmerzen im Bereich der Metatarsaleköpfchen bzw. im Verlauf der Mittelfußknochen (MFK) nach distal, vor allem bei Steh- und Gehbelastungen mit entsprechenden plantaren Hyperkeratosen sind zu erkennen. Des Weiteren auch eine Ausdünnung des dämpfenden subcutanen Fettgewebes bzw. eine Distalisierung des Fettgewebes in die Beugefalten der Zehen. Aufgrund der Verdünnung des Fettgewebes und der immer stärker werdenden Plantarkeratosen kommt es zu einem zunehmenden ungefilterten Druck auf die Metatarsaleköpfchen. Die gute Innervation des Periostes führt in weiterer Folge zu starken Schmerzen, die bis zur Immobilisation führen können. Eine Synovitis kann die Beschwerden verstärken. Bei zunehmender dorsaler Luxation im MTP-Gelenk kann es auch zu Problemen mit Hammer- und Krallen-Zehen kommen. Die Beschädigung der plantaren Strukturen bis hin zur Ruptur verstärken die Pathologie.
Bildgebung
Prinzipiell sind Fußröntgen im Stehen zu fordern. Anhand derer können schon verschiedene Pathologien erkannt werden. Bei speziellen Fragestellungen empfiehlt sich die MR-Tomographie, wie z.B. bei Verdacht auf eine Köpfchennekrose beim Morbus Köhler II. Bei den Röntgen werden die Gelenke und etwaige Fehlstellungen und Luxationen genauso wie die Längen der einzelnen Knochen und deren Verhältnis zueinander beurteilt. Der Metatarsalindex kann bestimmt werden. Man versteht darunter das Längenverhältnis zwischen 1. und 2. Mittelfußknochen (MFK). Ist der MFK 1 länger als der MFK 2, so spricht man von einer „Index plus“ Variante. Im umgekehrten Falle spricht man von einer „Index minus“ Varianten und gleich lange MFK werden als „Index neutral“ bezeichnet.
Therapie
Die therapeutischen Möglichkeiten sollten in 1. Linie konservativ ausgeschöpft werden. Hier ist das Wichtigste, Druckspitzen zu vermeiden und generell den Druck zu verteilen. Dadurch kann es auf Dauer zu einer Schmerzreduktion kommen. Die Druckverteilung führt aber auch zu einer Verringerung der plantaren Keratosen und z.T. auch wieder zu einer Repositionierung von subcutanem Fettgewebe als Dämpfungsfaktor.

links: Hallux valgus mit luxierten MTP-Gelenken
rechts: Z.n. Scarf und Weil Osteotomie 2-4
Das Grundprinzip der orthopädietechnischen Versorgung liegt in der Druckverteilung, welche durch verschiedene Maßnahmen erzielt werden kann. Zu nennen ist hier die retrokapitale Abstützung der Metatarsaleköpfchen mit verschiedenen Pelotten. Die Pelottenform orientiert sich an der Fußform, so dass die häufigsten Herz- oder Nierenform besitzen. In weiterer Folge können auch Metatarsalleisten, welche sich an der Länge der einzelnen Mittelfußköpfchen orientieren notwendig werden, genauso wie es verschiedene andere Möglichkeiten zur Druckentlastung gibt.
In der Primärversorgung stehen hier auch die Schmetterlingseinlagen zur Verfügung, welche die meistbetroffenen Metatarsaleköpfchen II-IV vom Druck entlasten. Wichtig ist aber bei Schmerzfreiheit sofort wieder auf andere orthopädietechnische Behelfe mit retrokapitaler Abstützung umzuschwenken, da sich diese Situation auf Sicht nur verschlechtert. Bei sehr starken Schmerzen kann zur anfänglichen Behandlungen ein Vorfußentlastungsschuh notwendig werden. Wenn damit eine Schmerzreduktion erzielt werden konnte, Beginn mit retrokapitalen Abstützungen, am besten mit Spreizfußbandagen mit auswechselbaren Pelotten, wo am Anfang niedrige weiche verwendet werden. An hand des weiteren Verlaufes dann entsprechende Einlagenversorgung.
Als Alternative zum Vorfußentlastungsschuh steht für schwierige Fälle noch ein Unterschenkelwalker zur Verfügung. Einlagen sollten in den meisten Fällen langsohlig sein, um Druckspitzen am Ende der Einlage zu vermeiden. Weitere Maßnahmen können mit orthopädietechnischen Zurichtungen, wie Sohlenversteifung und einer entweder auf der Sohle aufgebrachten Abrollhilfe sein oder im Schuh im Sinne von Einlagen, die es miteingearbeitet haben, wie z.B. die Carboplus-Einlage. Diese hat eine elastische Abrollhilfe aus Carbon eingearbeitet. Dadurch wird jeder Schuh zu einem orthopädisch-zugerichteten Schuh, was die Compliance verbessert.
Operation
Sollten die konservativen Maßnahmen keinen Erfolg haben bzw. die Fehlstellung ein starkes Ausmaß angenommen haben, so stehen verschiedene operative Methoden zur Verfügung. Grob kann man hier zwischen distalen, diaphysären und proximalen Operationstechniken unterscheiden.
Knöcherne Eingriffe
a) An distalen Verfahren markiert derzeit die Weilosteotomie den „Goldstandard“. Eine vor ca. 20 Jahren sehr stark verbreitete Methode war die Helalosteotomie, welche nur mehr selten angewendet wird. Hier wird am retrocapital und extraartikuär eine 45 ° Osteotomie von proximal dorsal nach distal plantar durchgeführt. Die anhaftenden Weichteile werden mobilisiert, so daß das distale Fragment mit dem Köpfchen nach dorsal gleiten kann. Es erfolgt keine Fixation. Die postoperative Mobilisation mit post OP Schuh unter Vollbelastung soll die Köpfchen in die ideale Position bringen.
b) Diaphysäre Osteotomien sollten nur in Spezialfällen durchgeführt werden. Die knöcherne Situation ist hier am schlechtesten. In Ausnahmefällen wie bei Revisionen kann aber hier die Notwendigkeit zur Operation liegen. Neuere Methoden und Implantate, wie sie dzt. z.B. durch Prof. Wanivenhaus, in Entwicklung sind sollen in naher Zukunft die Erfolgsaussichten verbessern.
c) Proximale Osteotomien sind technisch sehr schwierig und aufgrund der anatomischen Situation auch nur in Ausnahmefällen sinnvoll.
Weilosteotomie
Hierbei handelt es sich um eine intraartikuläre Methode, wo von dorsal distal nach plantar proximal der Schnitt durchgeführt wird. Die Osteotomie sollte möglichst parallel zum Boden durchgeführt werden, da es sonst bei der Proximalisierung des Köpfchens gleichzeitig zu einer Plantarisierung kommt, was wiederum eine Druckvermehrung bedeutet und außerdem die dorsale Luxation der Zehe verstärken kann. Hilfreich ist hier eine Scheibchenentnahme. Hierbei wird ein ca. 2 mm dickes Knochenstück durch parallele Schnittführung entnommen. Es hebt sich dadurch leicht das Köpfchen. Dies neutralisiert beim Proximalisieren des Köpchens die Plantarisation. Die Fixation wird mit 1-2 Titanschräubchen (Weil Twist-off-Schrauben) durchgeführt. Alternativ dazu können auch verschiedene Maßnahmen, wie Gewindebohrdrähte oder dgl. verwendet werden.
Bei schweren Fällen oder osteoporotischen Knochen kann eine zusätzliche Bohrdrahtfixation durch das Gelenk in leicht plantarflektierter Stellung notwendig werden. Postoperativ können die Patienten in den meisten Fällen mit einem Post-OP-Schuh wie z.B. einem Vorfußentlastungsschuh mobilisiert werden. Wichtig bei dieser Methode sind die Strecksehnenverlängerung und vor allem auch die postoperative Physikalische Therapie. Hier soll der Patient erlernen, wie er seine Zehe im Zehengrundgelenk plantarisieren kann, um etwaigen Fehlstellungen in Dorsalextension und um einer Bewegungseinschränkung vorzubeugen. Die Bewegungseinschränkung ist in unterschiedlichem Ausmaß die Regel nach der Weil-Osteotomie.
Weichteileingriffe
a) Weichteilrelease mit Bohrdrahtfixation: Hier werden die Strecksehnen verlängert, die Gelenkskapsel dorsal inzidiert und die Seitenbänder soweit reseziert, bis sich das MTP-Gelenk gut plantarisieren lässt. In leichter Plantarflexion wird die Zehe mittels eines gut 1,5 mm starken Kirschnerdrahtes (Bohrdrahtes) fixiert.
b) Flexor digitorum longus Transfer: Hier erfolgt eine Längsspaltung der Flexor digitorum longus Sehne in der Beugefalte der Zehe. Die Sehne wird distal abgesetzt und proximal über der Streckaponeurose in ca. 20° Plantarflexion der Zehein sich vernäht. Wichtig ist hier die Verlängerung der Strecksehnen genaus wie die dorsale Inzision der Gelenkskapsel. Auch hier wieder Fixation mittels Kirschnerdraht.
c) Köpfchenmodellierung nach DuVries: Nach dorsalem Zugang wird je nach Indikation der Strecksehnenapparat Z-förmig verlängert. Danach Einschneiden der dorsalen Gelenkskapsel und Durchtrennen der Seitenbänder. Es werden nun 3-4 mm des MFK reseziert. Bei Z.n. Mb. Köhler II werden die aufgetrieben Knochen – und Knorpelanteile in toto entfernt. Hier finden sich auch des öfteren freie Gelenkskörperchen. Entsprechend der Operationsindikation kann eine Bohrdrahtfixation sinnvoll sein.
Ergebnisse
Ziel ist die Schmerzreduktion bzw. im Idealfall die Schmerzfreiheit. Wenn dies mit konservativen Maßnahmen nicht erreicht werden kann, so empfiehlt sich die Operation (Ivanic, Myerson, Trnka; Orthop Prax 2001.). Entsprechend der Pathologie sollte die passende Operation gewählt werden (Trnka, Ivanic, Mühlbauer, Ritschl; Orthopäde 2000). Wenn die jeweilige Methode bei guter Indikation richtig durchgeführt wird, so darf man mit guten Ergebnissen rechnen (Trnka, Gebhard, Mühlbauer, Ivanic, Ritschl; Acta Orthop Scand 2002.). Wichtig ist hierbei die Patienten präoperativ gut aufzuklären (schlechte Beweglichkeit danach, post OP Procedere etc…)
Für den Rheumatiker hat die Methode oft eine sehr starke Schmerzreduktion mit wesentlich verbesserter Fußform zur Folge. Durch das intraartikuläre Vorgehen und bei Verödung der inneren Gelenkshaut kann dadurch das rheumatische Geschehen, welches sich v.a. in der „Membrana synovialis“ vollzieht auf Jahre hinaus verzögert bzw. gestoppt werden. (Wichtig ist es hierbei auf einen belastungsfähigen 1. Strahl zu achten!)
Conclusio
Die Metatarsalgie ist eine ernstzunehmende Erkrankung, da sie bei Chronifizierung bis zur Immobilisation führen kann. Es sollte daher ehestmöglich eine spezifische Behandlung eingeleitet werden, um gleich effizient die Therapie zu gestalten und eine Chronifizierung und allenfalls auch eine Operation hintanhalten zu können. Prinzipiell kann diese Erkrankung gut behandelt werden. Je weiter sie fortgeschritten ist, desto schlechter sind aber die zu erwartenden Ergebnisse.